4/18/2017

Bin ich eine gut genuge Mutter?

"Jedes  Kind hat eine gut genuge Mutter" - so ähnlich lautet ein Zitat von Anna Tardos (Emmi Piklers Tochter) das ich einmal auf einer Tagung von ihr hörte und gerne zitiere. Vor allem anderen Müttern gegenüber, wenn sie unsicher sind, ob sie ihren Job als Mutter gut machen. Es strahlt aus: Du bist in Ordnung, du machst das gut. 

Aber manchmal frage ich mich, ob das auch auf mich zutrifft. Vor allem nach Nächten, in denen meine Dreijährige erst mich und dann so langsam ein Familienmitglied nach dem anderem aus dem Schlaf brüllt. Heute nacht brauchte sie erst meine Nähe. Dann eine frische Windel. Dann wollte sie mit dem Papa kuscheln. Dann mochte sie seinen Atem nicht. Dann war er ihr nicht warm genug und sie wollte zu mir zurück. Da lag aber schon ihre Schwester und weinte, weil sie nicht schlafen durfte. Denn natürlich musste auch drei Mal das Licht angemacht werden, damit die Tochter trinken konnte. Nachts bin ich die schlechteste aller Versionen, die es von mir gibt. Ich schaffe es ungefähr zehn Minuten freundlich und gelassen zu bleiben. Dann kann ich nicht mehr.  Mein müdes Gehirn raunzt vor sich hin und spricht Dinge wie "Ich gehe jetzt gleich hier weg" aus. Mein Körper schmerzt. Meine Tochter weint. Brüllt. Gerät außer sich. Auch wenn ich nichts sage. Still bleibe. Meine Wut über den geraubten Schlaf runterschlucke. Sie ist manchmal untröstlich. Auch tagsüber bringen Kleinigkeiten wie zwickende Socken oder die falsche Farbe der Haarspange sie auf die Palme. Ich bin belesen und reflektiert. Ich weiß, wie ich eigentlich handeln sollte. 

Trotzdem kann ich es so oft nicht. Die Wut darüber, dass es nicht einmal einfach ist, dass immer alles genauso sein muss, wie sie es für sich braucht und alle anderen darunter leiden, wenn es nicht so ist. Diese Wut. Ich schäme mich dafür. Denn sie hat mich im Griff. Ich werde laut und grob. Ich will dann nur, dass es aufhört. Dieses Geschrei, Gezeter, Spucken, Stampfen, Sabbern. Die Emotionalität meiner Tochter ist beeindruckend. Alle, die es erleben konnten, waren fassungslos. Es ist meine größte Prüfung. Mehrmals täglich. Ich scheitere oft. "Mama, schrei mich nicht an. Kinder dürfen schreien. Mamas nicht!". In diesen Momenten bin ich weit davon entfernt, eine gut genuge Mutter für dieses Kind zu sein. Ich weiß das.

Es gibt viele gute Momente zwischen meiner Tochter und mir. In denen es leicht ist und wir lachen und sie sich nicht erschüttern lässt und ich mich auch nicht. Doch diese dunklen Momente, diese Wut im Bauch, die wäre ich gern los. Aber sie hat uns beide im Griff und meine Aufgabe als die Erwachsene ist es, damit umzugehen. Sie zu kanalisieren, nicht an ihr auszulassen. Ich gebe mein Bestes. Hoffentlich gut genug.


3 Kommentare:

  1. Liebe Katha - ich habe dieses Problem jeden Morgen, wenn ich pünktlich an der Arbeit sein muss und meine 3jährige ALLES selber machen Will (und natürlich auch soll)- uahahahaah...unsere schwarzen Momente<!

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  2. Ich danke dir für deine Offenheit in deinen Texten. Es tut so unglaublich gut so ehrlich und ungeschminkt zu lesen, dass es nicht nur mir so geht. Ich kann es Eins zu Eins nachempfinden, diese Momente zu scheitern, nicht so zu sein wie man denkt wie ich sein sollte. Wie eine gute Mutter sein und fühlen sollte. Nur macht es das nur schlimmer. Es annehmen, damit umgehen und sich trotzdem in die Augen sehen können, auch wenn man sich in Ton vergriffen hat, genervt oder unsensibel war... Das ist nicht so leicht. Aber es ist so heilsam, wenn man trotzdem kämpft, jeden Tag, es besser zu machen, es manchmal auch einfach anzunehmen und das Gefühl zuzulassen. Wir lieben unsere Kinder. Unsere Wut oder Verzweiflung und manchmal kleine Ohnmacht ist nicht die Schuld unserer Kinder oder die unserige, es sind die Aufgaben, die Herausforderungen und die Energie, die wir dafür aufbringen müssen sie zu bewerkstelligen . Manchmal stimmt das Verhältnis einfach nicht und vom einen ist mehr da als vom Anderen.
    Aber ich bin ausgeschwiffen, ich wollte dir einfach nur Danke sagen.
    Ich hatte Tränen in den Augen, weil es so gut getan hat zu wissen, dass es auch anderen so geht. Und nicht irgendwelche Ratschläge und Weisheiten einem um die Ohren gehauen werden, die die Scham und das schlechte Gefühl über sich selbst nur vergrößern und mich eher lähmen, weil es nie machbar sein wird perfekt zu sein, so zu sein wie ich gerne wäre. Danke also!

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  3. Liebe Mareike, liebe Heike!
    Danke für eure Kommentare - das Leben ist eine Reise und das Leben mit Kindern eine in unbekannte Sphären.

    Scheitern und zweifeln dazu - so lange die Liebe stimmt.

    Habt eine gute Zeit mit euch selbst und euren Kinder.

    Katharina

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