1/05/2018

Eine inspirierende Begegnung

In der Krippe des Kükens hat es gebrannt, während der Betreuungszeit. Wie gut, dass unser Team erst einige Monate vorher eine Evakuierungsübung mit dem zuständigen Brandinspektor durchgeführt hatten und sich vorbildlich verhalten konnten. Niemandem ist etwas passiert, doch die Räumlichkeiten wurden stark in Mitleidenschaft gezogen. Der Gestank von verbranntem Plastik und fieser Aschestaub machten eine Nutzung unmöglich. Der Hausbesitzer stellte unmkompliziert eine leer stehende Büroetage zur Verfügung, in der die Kinder übergangsweise betreut werden können. 
Die Katastrophe als Chance sehen, ist manchmal das Einzige was hilft nicht zu verzweifeln. Also haben wir angefangen, ein neues Raumkonzept zu entwickeln. Wände wurden bereits versetzt, eine Küche geplant und Ideen für den Gruppenraum gesammelt. Gestern trafen meine Vorstandskollegin und ich uns mit dem Chef eines sehr bekannten Unternehmens, die Kita-Räume als Bildungsäume planen. Das Buch "Bildungsräume für Kinder von Null bis Drei" von Angelika van der Beek hat mich schon bei meiner Diplomarbeit sehr beeindruckt. Zwar arbeitet die Autorin nicht mehr mit der Firma zusammen, doch die Verknüpfung von Raum und Pädagogik ist geblieben. Drei Stunden saßen wir in dem Raum und disktutierten, was der Raum können soll, damit die Kinder dort tun können. Unser Gesprächspartner verstand uns sofort, als wir ihm erzählten, dass die Pikler-Geräte immer zur Verfügung stehen in unserer Krippe. Er erzählte von vielen Einrichtungen, in denen die Materialien in Abstellkammern verstauben, weil sie nicht verstanden werden, Lange sprachen wir darüber, wie wichtig die Haltung der Fachkräfte ist, dafür wie die Kinder den Raum nutzen können. Ob sie Angst haben, ob sie anleiten oder begleiten, wie der Umgang mit elterlischen Ängsten ist und wie sich in einer Elterninitiative Kontinutität herstellen lässt was die Realisierung pädagogischer Ideen ist. 
Spannend war, wie der Experte sofort sah, welche Blick - und Bewegungsachsen der Raum hat und was das für den pädagogischen Alltag bedeuet Also z.B. wo der Lesesessel stehen muss, damit die Erwachsene sowohl die Tür als auch die Kinder im Raum wahrnehmen kann und präsent ist. Ich habe gelernt, dass in einem Raum mit einer langen Aufenhaltsdauer keine aufdringlichen, bunten Farben verwendet werden solle, da sie die Aufmerksamkeit zu sehr auf sich ziehen. Vielmer muss ich die Farbe eines Raumes vergessen haben, wenn ich ihn verlasse. Unser Team und wir werden uns eine Krippe anschauen, die bereits mit dieser Firma ihre Räume gestaltet hat. Ich bin sehr gespannt, das alles mal nicht nur auf Bildern sondern in echt zu sehen. Diese drei Stunden waren wie ein Intensiv-Praxis-Seminar und meine grauen Zellen rattern mal wieder auf Hochtouren.

Für meine Arbeit in der Fachschule habe ich mir vorgenommen, den neuen Lehrplan hinsichtlich des Themas Raum zu lesen und dafür zu sorgen, dass es qualitätvoll in unsererm schulinternenen Curriculum umgesetzt wird.

1/03/2018

Ferienlust. Ferienfrust.

Endlich sind sie da. Die langersehnten Ferien. Wir genießen es sehr, in unserem Rhytmus zu leben. Wer Schulkinder hat oder selbst Lehrerin ist, weiß wovon ich rede. Kein Wecker klingelt, kaum ein Termin steht im Kalender und da wir noch nicht #HausundHof renovieren, leben wir ausnahmsweise mal in den Tag hinein. 
Nachdem die Aufregungen der Feiertage hinter uns liegen, verschmelzen die Tage und ich weiß morgens weder welcher Wochentag ist, noch welches Datum. Während ich ein wenig am Schreibtisch sitze und schreibe unternimmt der Liebste etwas mit den Kinder. Wir kochen lecker, sehen Freund_innen, ich war sogar schon BUMMELN, der Mann mit Freunden im Kino, am Freitag fahren wir ohne Kinder nach Frankfurt, um uns eine Ausstellung anzuschauen - es gibt wirklich nichts zu beklagen gerade. 

Der Große Junge hingegen ist übellaunig. Seit Silvester versucht er sich, mit seinen Freund_innen zu verabreden. Wenn sie überhaupt auf seine Nachrichten reagieren, haben sie keine Zeit. Es regnet und stürmt, das neue Longboard kann so auch nicht erprobt werden. Netflix hat er leergeschaut, und sogar das neue Handy macht nicht mehr so viel Spaß. "Komm mit Schwimmen, Großer Junge." Angeblich ist die Badehose beim Papa (er hat keine Lust). "Komm mit nach Frankfurt, Großer Junge.". Kein Interesse. Und so geht das die ganze Zeit. Er ist frustriert, alle Vorschläge unsererseits werden abgelehnt. Er tut mir leid, denn  ich erinnere mich noch zu gut, als ich Tag um Tag zuhause rumlungerte und nur darauf wartete, endlich meine Freund_innen wieder sehen zu können. Gerne würde ich ihm zu schöneren Ferien verhelfen, spiele Siedler, mache Angebote, koche Lieblingsessen. 

Aber ich muss wohl akzeptieren, das ich seine Freund_innen nicht ersetzen kann.


1/02/2018

Leb wohl!





Heute habe ich dich wiedergesehen. In deinem Lieblingscoffee-Shop. Wie fast immer, wenn ich dort zufällig vorbeikomme. Lachend, mit deiner Frau und deinem besten Freund.
Früher wäre ich dazu gekommen, heute bin ich einfach weitergegangen. Es hat verdammt weh getan.
Du warst mal mein bester Freund. Wir haben zusammengearbeitet und dabei viel Zeit miteinander verbracht. Ich war auch mal sehr verliebt in dich. Aber das ging vorbei, die Freundschaft blieb. Es gab nichts, wirklich nichts, worüber wir nicht gesprochen haben. Politik, Geschichte, Filme, Literatur, Sex. Alles. Immer. Mit und ohne Alkohol.
Zu meiner Hochzeit bist du nicht gekommen, obwohl du mich sogar an die Einladung erinnert hast. Keine Absage, keine Karte. Dann habe ich erfahren, dass du geheiratet hast. Seitdem habe ich etliche SMS und Emails an dich geschrieben. Keine Reaktion. Ein gemeinsamer Freund meint, du hast deine Nummer nicht gewechselt. Du willst also keinen Kontakt mehr.
Kurz vor Weihnachten bis du an mir an meiner Familie vorbeigelaufen. Du hast mir kurz ins Gesicht geschaut und dich dann deiner Frau zugewandt und bist weitergegangen. Mitten im Wurst-Zuckerwatte-Noch-Ne-Runde-Karussell-Gemenge mit meinen Kindern konnte ich nicht wirklich reagieren. Habe erst auf dem Heimweg verstanden, dass du bewusst an mir vorbeigegangen bist.
Es ist in Ordnung, auch wenn es weh tut und für mich kein Grund ersichtlich ist. Wir sind keine Freunde mehr. Wir haben kein gemeinsames Leben mehr, nichts was uns verbindet. Ich bin nicht sauer, etwas traurig doch, weil
du dich nicht verabschiedet hast.

Leb wohl, alter Freund.  

Gastbeitrag: Ohne Bindung keine Gesundheit



Auch dieser Text stammt nicht aus meiner Feder. Herr Sondergeld, ein Schüler bzw. Studierender aus der Fachschulklasse, die ich unterrichten darf, hat einen Essay über den Zusammenhang zwischen Bindung und Gesundheit bei Krippenkindern geschrieben. Er hat zugestimmt, seinen Text hier zu veröffentlicht. 

Ohne Bindung keine Gesundheit

Die Qualität der Bindung zwischen Eltern und Kind ist von zentraler Bedeutung für das Leben eines Menschen. Wird das Kind in den ersten drei Lebensjahren geliebt und umsorgt, so hat das Kind es später leichter im Leben. Besonders in Bereich der Bildung ist Bindung ein wichtiger Faktor für die spätere Schul- und Lernzeit. Jetzt haben Forscher herausgefunden, dass die Bindung auch ein Grundstein für die spätere Gesundheit ist.

Die Forscherin Jennifer Puig von der University of Minnesota hat sich die Daten von 200 Kindern angeschaut, deren Bindung im Alter von 12 - 18 Monaten bewertet worden war. Nach ca. 30 Jahren hat sie Kontakt mit den Probanden aufgenommen. Bei den Kindern, die damals als „unsicher gebunden“ eingestuft wurden, war die Wahrscheinlichkeit an einer Krankheit zu leiden etwa sechs Mal höher gegenüber den Kindern mit sicherer Bindung. Zu den Krankheiten zählten etwa Diabetes, Herzerkrankungen oder Infarkte. Als ein möglicher Grund dafür ist die höhere Stressbelastung, die unsicher gebundene Kinder haben. Der Stress kann über das Stresshormon Cortisol im Speichel gemessen werden. Die Werte des Stress-hormons Cortisol sind bei Kindern in qualitativ schlechten Krippen höher und in qualitativ hochwertigen Krippen (kleine Gruppen, guter Betreuungsschlüssel, gut ausgebildetes und feinfühliges Personal) sinken diese Werte bei den Kindern schneller (Wiener Krippenstudie WiKi). Die Gesundheitsausgaben betrugen in der BRD im Jahr 2015 rund 344,2 Milliarden €, Tendenz steigend. Würde man 1 % der Gesundheitsausgaben in die Krippenbetreuung investieren, um z. B. den Betreuungsschlüssel zu reduzieren, würde der Staat nachhaltig Geld bei den Gesundheitsausgaben sparen. Denn z. B. die Eingewöhnung eines Kindes bedeutet Stress für das Kind. Vor dem Hintergrund solcher Überlegungen ist der Betreuungsschlüssel wichtig für eine gelungene Eingewöhnung und Akzeptanz der Erzieherin als neue Bindungsperson und Trostspenderin. Denn erst durch eine zuverlässige Bindung zur Erzieherin ist es dem Kind möglich, die Welt und vor allem die neue Umgebung „Krippe“ zu erforschen und Erfahrungen zu sammeln. Auch wachsen auf dieser Grundlage erfolgreiche Lernpartnerschaften. Stärkeren Einfluss als die Fremdbetreuung (NICHD-Studie), egal in welcher Qualität, nehmen die Familienfaktoren, wie etwa die Bindung zu den Eltern und die Qualität der Erziehung sowie das Familieneinkommen. Auch einen weiteren volkswirtschaftlichen Nutzen hat der Krippenbesuch: So steigt die Wahrscheinlichkeit ein Gymnasium zu besuchen auf über 50 %, ohne Krippenbesuch liegt sie bei etwa 36 % laut Bertelsmannstiftung. Besonders Kleinstkinder aus benachteiligten Milieus profitieren besonders von einem Krippenbesuch.   

Die Krippenarbeit braucht dringend mehr Anerkennung. Heute ist sie immer noch ein Anhängsel in der Kindertagesstätte. Da wissenschaftlich belegt ist, dass die ersten drei Jahre entscheidend sind für einen Menschen, muss dies endlich ernst genommen werden. Ein wichtiger Ansatz ist der Betreuungsschlüssel, wovon auch die Qualität der Bindung in der Krippe abhängt. In Hessen sind wir aktuell bei 1:5, d. h. eine Fachkraft auf 5 U3 Kinder. Fachleute fordern einen Betreuungsschlüssel von 1:3. Baden-Württemberg ist mit einem Schlüssel von 1:2,9 führend. Das Bildungsland Hessen hat hier dringend Nachholbedarf. Wie steht es eigentlich um die Qualifikation des Fachpersonals? Ein weiterer wichtiger Faktor für Betreuungsqualität.