1/02/2018

Gastbeitrag: Ohne Bindung keine Gesundheit



Auch dieser Text stammt nicht aus meiner Feder. Herr Sondergeld, ein Schüler bzw. Studierender aus der Fachschulklasse, die ich unterrichten darf, hat einen Essay über den Zusammenhang zwischen Bindung und Gesundheit bei Krippenkindern geschrieben. Er hat zugestimmt, seinen Text hier zu veröffentlicht. 

Ohne Bindung keine Gesundheit

Die Qualität der Bindung zwischen Eltern und Kind ist von zentraler Bedeutung für das Leben eines Menschen. Wird das Kind in den ersten drei Lebensjahren geliebt und umsorgt, so hat das Kind es später leichter im Leben. Besonders in Bereich der Bildung ist Bindung ein wichtiger Faktor für die spätere Schul- und Lernzeit. Jetzt haben Forscher herausgefunden, dass die Bindung auch ein Grundstein für die spätere Gesundheit ist.

Die Forscherin Jennifer Puig von der University of Minnesota hat sich die Daten von 200 Kindern angeschaut, deren Bindung im Alter von 12 - 18 Monaten bewertet worden war. Nach ca. 30 Jahren hat sie Kontakt mit den Probanden aufgenommen. Bei den Kindern, die damals als „unsicher gebunden“ eingestuft wurden, war die Wahrscheinlichkeit an einer Krankheit zu leiden etwa sechs Mal höher gegenüber den Kindern mit sicherer Bindung. Zu den Krankheiten zählten etwa Diabetes, Herzerkrankungen oder Infarkte. Als ein möglicher Grund dafür ist die höhere Stressbelastung, die unsicher gebundene Kinder haben. Der Stress kann über das Stresshormon Cortisol im Speichel gemessen werden. Die Werte des Stress-hormons Cortisol sind bei Kindern in qualitativ schlechten Krippen höher und in qualitativ hochwertigen Krippen (kleine Gruppen, guter Betreuungsschlüssel, gut ausgebildetes und feinfühliges Personal) sinken diese Werte bei den Kindern schneller (Wiener Krippenstudie WiKi). Die Gesundheitsausgaben betrugen in der BRD im Jahr 2015 rund 344,2 Milliarden €, Tendenz steigend. Würde man 1 % der Gesundheitsausgaben in die Krippenbetreuung investieren, um z. B. den Betreuungsschlüssel zu reduzieren, würde der Staat nachhaltig Geld bei den Gesundheitsausgaben sparen. Denn z. B. die Eingewöhnung eines Kindes bedeutet Stress für das Kind. Vor dem Hintergrund solcher Überlegungen ist der Betreuungsschlüssel wichtig für eine gelungene Eingewöhnung und Akzeptanz der Erzieherin als neue Bindungsperson und Trostspenderin. Denn erst durch eine zuverlässige Bindung zur Erzieherin ist es dem Kind möglich, die Welt und vor allem die neue Umgebung „Krippe“ zu erforschen und Erfahrungen zu sammeln. Auch wachsen auf dieser Grundlage erfolgreiche Lernpartnerschaften. Stärkeren Einfluss als die Fremdbetreuung (NICHD-Studie), egal in welcher Qualität, nehmen die Familienfaktoren, wie etwa die Bindung zu den Eltern und die Qualität der Erziehung sowie das Familieneinkommen. Auch einen weiteren volkswirtschaftlichen Nutzen hat der Krippenbesuch: So steigt die Wahrscheinlichkeit ein Gymnasium zu besuchen auf über 50 %, ohne Krippenbesuch liegt sie bei etwa 36 % laut Bertelsmannstiftung. Besonders Kleinstkinder aus benachteiligten Milieus profitieren besonders von einem Krippenbesuch.   

Die Krippenarbeit braucht dringend mehr Anerkennung. Heute ist sie immer noch ein Anhängsel in der Kindertagesstätte. Da wissenschaftlich belegt ist, dass die ersten drei Jahre entscheidend sind für einen Menschen, muss dies endlich ernst genommen werden. Ein wichtiger Ansatz ist der Betreuungsschlüssel, wovon auch die Qualität der Bindung in der Krippe abhängt. In Hessen sind wir aktuell bei 1:5, d. h. eine Fachkraft auf 5 U3 Kinder. Fachleute fordern einen Betreuungsschlüssel von 1:3. Baden-Württemberg ist mit einem Schlüssel von 1:2,9 führend. Das Bildungsland Hessen hat hier dringend Nachholbedarf. Wie steht es eigentlich um die Qualifikation des Fachpersonals? Ein weiterer wichtiger Faktor für Betreuungsqualität.


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