6/16/2016

Wunsch und Wirklichkeit

Immer wieder erlebe ich, wie sehr junge Eltern davon getroffen sind, wie sich ihr Leben mit einem Baby verändert.
Der Schock sitzt tief, wenn klar wird: das Baby bestimmt den Tag, über den Körper, liegt im Bett zwischen den Eltern und zieht alle Aufmerksamkeit auf sich. Die Freude und die Liebe sind groß. Doch genauso so groß scheint auch der Aha-Effekt zu sein, wenn der erste Babyrausch vorbei ist. Duschen, eine ruhige Nacht und die Möglichkeit zu gehen wann wohin man will scheinen unerreichbar. Bleibt das so? Was bleibt von mir übrig? Was kann ich noch tun wie ich es kenne? Diese Fragen scheinen durch, wenn ich mit diesen jungen Eltern spreche. Natürlich empfinden unterschiedliche Menschen diese Themen für sich unterschiedlich. Doch der Übergang vom selbst-bestimmten Individuum zum kind bestimmten Individuum ist eine wichtige Entwicklungsaufgabe, die besonders schwer zu meistern ist, da sie in einer Zeit zu bewältigen ist, in der vieles gleichzeitig stattfindet.
Immer noch herrscht in unserer Gesellschaft ein Mutterbild vor, dass von der Mutter die größt-mögliche Hingabe für ihren Nachwuchs erwartet.  Und das braucht das Kind ja auch. Doch unsere Gesellschaft stellt noch mehr Anforderungen: schlank sein, präsent sein, tolle saubere Wohnung, gut gelaunt sein usw. So entsteht in den Köpfen werdender Mütter das ein Bild, dass sie nicht erfüllen können. Babys weinen, pupsen,  pinkeln, kacken und  kotzen. SORRY für die Wortwahl - aber es gibt Dinge, die ich beim Namen nennen muss. Wenn de Partner wieder arbeiten geht, sind die Mütter alleine. Denn für die Freunde und Familie geht das normale Leben weiter.
Es braucht seine Zeit, bis sich alles eingespielt hat. Das Stillen klappt, es einen Rhythmus gibt und die Kraft zurückkehrt. Doch das ist schwer vorher zu begreifen, wenn man doch die Bilder der glücklichen Mütter mit ihren Babys vor Augen hat.
Ja, Babys machen glücklich. Aber sie drehen auch unser Leben um. Ich plädiere für mehr Ehrlichkeit wenn wir über das Leben mit Babys und Kleinkindern schreiben und reden und für mehr Unterstützung junger Eltern jeder Form, damit sie diese Entwicklungsaufgabe gut bewältigen können.

2 Kommentare:

  1. Auch ich finde, dass viel zu wenig ehrlich über diese erste Zeit gesprochen wird. Mich hat das total umgehauen.. Ich hatte mit viel mehr rosaroter Brille und Glück gerechnet. Und dann ging es mir richtig schlecht: körperlich (schwere Geburt, Bluttransfusionen, Geburtsverletzungen, hormonelle Umstellung, Stillen lernen, Schlafmangel…) und psychisch (siehe oben und Selbstzweifel, Angst vor der Mutterrolle, kein Vertrauen in meinen Mutterinstinkt, wer bin ich jetzt? Ist auch mein „altes Ich“ noch da und erwünscht? usw.). Das hat echt eine ganze Zeit gedauert. Jetzt ist meine Tochter drei Monate alt und langsam fühlte ich mich (zumindest die meiste Zeit) der Aufgabe gewachsen. Und dann kamen neue Sorgen und ich muss nun zufüttern und fange (zumindest gefühlt) wieder von vorne an. Inzwischen glaube ich, dass ich meine Herangehensweise ändern muss. Ich warte innerlich immer auf den einen vollkommenen Moment. Ich sollte viel eher die kleinen, vielen, fast vollkommenen Momente sehen :-)

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  2. Gut erkannt. Es sind die kleinen Momente die perfekt sind und Kraft geben. Egal ob du geduscht bist oder nicht. Und: sich Hilfe holen ist absolut erwünscht.

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