9/12/2014

Meine ersten Begegnungen mit Emmi Pikler

Als ich 2007 für meine Diplomarbeit auf der Suche nach pädagogischen Konzepten für die Krippe war, empfahl mit eine Dozentin,  in ein Buch von Emmi Pikler zu schauen.
Ausnahmsweise gab es sogar eines in unserer sonst eher schlecht sortierten Uni-Bib. "Friedliche Babys - zufriedene Mütter" - Pädagogische Ratschläge einer Kinderärztin. Erstmals wurde es in Ungarn, dem Heimatland Piklers unter dem Titel "Was kann das Baby denn schon?" in den 1950er Jahren veröffentlicht. Das muss man wissen, wenn man dieses Buch liest, denn die Sprache erscheint an manchen Stellen etwas veraltet und auch die eine oder andere Aussage lässt sich nur mit einem Verständnis für den Geist der Zeit einordnen.
Ich war damals sehr erstaunt und sofort begeistert. Aussagen wie:

"Vor allem müßte jede Mutter lernen, daß das Kind kein Spielzeug ist. Der Säugling ist nicht dazu da, daß er die Eltern, die Großeltern, die Geschwister, Verwandte und Bekannte amüsiere, sie ihn  von früh bis spät herumtragen, kitzeln, mit ihm herumtanzen usw. Eiserne Nerven müßte das Kind haben, das daruf nicht mit viel Weinen, Unruhe, "Nervorsität" reagierte."(S. 10)

oder

 "Um das Kind unsere Liebe fühlen zu lassen, müssen wir es nicht verwöhnen. Wir müssen es nur kennenlernen, gut beobachten, bemerken, wie und was ihm gut und was schlecht für es ist." (S.60)

erregten sofort meine Aufmerksamkeit.
Emmi Pikler fasste in diesem Buch das in Worte, was ich als Mutter eines damalsZweijährigen gefühlt hatte und nicht aussprechen konnte. Insbesondere der Wettbewerb ums am besten entwickelte Kind widersprach meiner Intuition und meinem Wunsch für Gespräche mit anderen Eltern.
Ich las alles, was ich finden konnte und fand eine Einrichtung, die schon lange nach den Ideen Piklers arbeitete. Nach einem Tag Hospitation dort, war ich mir sicher: es gibt kein zurück, ich will das auch leben. Im Rahmen meiner Arbeit habe ich viele Kitas und Krippen besuchen können. Viele davon zeugten von der Hingabe der Menschen, die dort arbeiteten. Aber in keiner habe ich solche eine konsequente Umsetzung von Haltung erlebt, wie in der Gleiwitzer Straße in Mainz. Zugewandheit, sensitive Responsivität, Achtsamkeit, Achtung, Beobachtung, Respekt und Reflexion. Alles Vokabeln, die sich in jeder Krippen-Konzeption finden lassen. Doch all das zu leben erfordert die Bereitschaft sich auf einen Weg zu machen, der schwer sein kann, der einen vor die Aufgabe stellt, alles zu hinterfragen, was "man schon immer so gemacht hat" und die Veränderung in sich und nicht bei den Kindern bewirken zu wollen.
Dank Emmi Pikler habe ich mich auf diesen Weg gemacht und weiß vor allem eines: er endet nicht.

Habt ein schönes Wochenende,

Katharina

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